Historie der SDW Bonn / Rhein-Sieg

Eine lange Geschichte

Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald wurde im Jahre 1947 in Bad Honnef gegründet. Da drängt sich die Frage auf, warum erfolgte diese Gründung 1947 in dieser kleinen Stadt am Rhein. Lassen Sie uns zur Beantwortung einige Indizien vortragen, die auf interessanten Entdeckungen der Stiftung Bundeskanzler Adenauer Haus in Rhöndorf beruhen und eine vorab im Grußwort zur Festschrift angestellte, von einer bekannten Enzyklopädie fehlgeleitete Spekulation widerrufen, die Nähe zum Petersberg als Sitz der Alliierten Hohen Kommissare könnte ausschlaggebend gewesen sein. Diese waren 1947 ebenso wenig dort wie ein Bundestag und eine Bundesregierung in Bonn. Die im Bundesarchiv lagernden Gründungsurkunden lassen ein breites Engagement im Sinne des Vereinszwecks im gesamten, damals in alliierte Herrschaftszonen gespaltenen westlichen Deutschland erkennen. Allen voran ist daraus die Anwesenheit des niedersächsischen Ministerpräsidenten Hinrich Wilhelm Kopf zu erwähnen. Sein nordrhein-westfälischer Amtskollege Karl Arnold - bei der eigentlichen Gründung noch verhindert - war immerhin mit einem von ihm verfassten Referat vertreten, das verlesen wurde. Aus diesen Urkunden sind weiterhin Gründungsmitglieder aus den Ländern Baden, Hessen, Rheinland-Pfalz und Berlin feststellbar. Die stärkere Repräsentanz der britischen Zone mag daran gelegen habe, dass hier mit 14 % der Kahlschläge im Verhältnis zu 8 % im deutschen Gesamtdurchschnitt erheblich mehr Reparationshiebe zugunsten des Wiederaufbaus im waldarmen Großbritannien stattgefunden haben. So vermuteten wir noch bis kurz vor diesem Festakt, bis uns ein Historiker einen Fund aus dem Archiv des Deutschen Bundestages vorlegte. Danach fand am 06.12.1947 ebenfalls in Rhöndorf die Länderkonferenz der britischen Zone statt mit Vertretern von Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. In einer ebenfalls jetzt aufgefundenen Einladung zur Gründungsversammlung. die man praktischer Weise auf den Vortag, den 05.12.1947, legte und die sicher auch an den selben Adressatenkreis der Länderkonferenz der britischen Zone gerichtet war, heißt es wörtlich: ,,In Ansehung der unaufschiebbaren Dringlichkeit sofort zu handeln, werden Sie herzlich gebeten, an der Gründungsversammlung teilzunehmen." Dies unterstreicht sicher die besondere Dramatik zum Schutz der Wälder gerade hier. Bemerkenswert ist auch, die dem Gründungsprotokoll zu entnehmende, modern anmutende Sicht einer nachhaltigen Waldwirtschaft und ihre Funktion für Klima, Wasserhaushalt und Erholung über die Rohstofflieferung hinaus. Diese Gründung war keine romantisierende deutsche Waldbewegung, sondern eine parteiübergreifende realistische gesamtdeutsche Initiative im wohl schwierigsten aller Nachkriegsjahre. Die Eintragungen im Gästebuch des Weingutes Broel in .Rhöndorf komplettieren dieses Bild einer frühen gesamtdeutschen Initiative. Darin ist ein Umtrunk nach der Gründung dokumentiert wiederum mit Hinrich Wilhelm Kopf, aber jetzt auch mit Karl Arnold, Hermann Lüdemann, dem Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein und neben vielen anderen mit dem Manne, dessen Mitwirkung nach unserer Einschätzung die eingangs gestellte Frage beantwortet. Wir meinen Konrad Adenauer, der seit 1935 bis zum Tode 1967 im Bad Honnefer Stadtteil Rhöndorf lebte. Sein entschiedenes Eintreten für die Erhaltung des von Kahlschlag bedrohten Kölner Grüngürtels, den er als Oberbürgermeister in den 20er Jahren hatte anlegen lassen, ist bekannt. Dies hatte sicher mit zu seiner unmittelbar anschließenden Entlassung aus dem Amt des Kölner Oberbürgermeisters durch die britische Militärregierung am 6. Oktober 1945 geführt. ,,Nach der Entlassung durch die Nazis, die Entlassung durch die Befreier“, bemerkte er später bitter. ,,Auf ein Glas Wein“ hatte Adenauer - damals Fraktionsvorsitzender im Düsseldorfer Landtag - die Gründungsgesellschaft dem ihm persönlich bekannten Weingut angekündigt, wie Zeitzeugen berichten. Es werden sicher auch ein paar Gläser mehr gewesen sein, denn die im Gästebuch vermerkten Eintragungen vom nächsten Tag bzw. nächsten Morgen, den 06.12.1947, sind keine literarischen Highlights. ,,Da stot Du för, da mot Du dör“. bemerkt Kopf und offenbart damit vermutlich einen norddeutschen kategorischen Imperativ im Verhältnis zum Drachenfelswein. ,,Er hat recht“. bestätigte dies sein schleswig-holsteinischer Kollege Lüdemann. ,,Und es war schön", lautet das Resümee einer langen Nacht durch Karl Arnold. Mit einem Griff in den Fundus lateinischer Spruchweisheiten rettete sich Konrad Adenauer im üblicherweise spät vorgelegten Gästebuch, als er mit „in vino veritas" abschloss. Gründungsurkunde und Gästebuch legen eine Wurzel der erst 1949 gegründeten Bundesrepublik Deutschland frei, indem sie gesamtstaatlichen Geist der auch später handelnden Akteure offenbaren. Und wir sind stolz, dass diese Wurzel in unserer Stadt gewachsen ist. (Dr. Rolf Juncker)